Mittwoch, 1. Februar 2012

Talente mit der Maschine erkennen

Haben Sie schon mal etwas vom "Footbonaut" gehört? Das ist ein Apparat oder besser ein Raum, in dem ein Fußballer steht und auf den Ball wartet. Der kommt aus irgendeiner Ecke auf den Spieler zugeflogen, dieser muss schnell reagieren und ihn in bestimmte Felder schießen. Gemessen werden Handlungsgeschwindigkeit, Schusspräzision und Leistungskonstanz. Wer mit dem "Footbonaut" regelmäßig trainiert, der verbessert diese Fertigkeiten gravierend. Borussia Dortmund soll den Apparat bereits nutzen.

Was hat das mit Management zu tun? Die Analogie ist nicht, dass man Manager in ein Büro setzt und mit Anrufen und Anfragen bombardiert, um so ihre Handlungsgeschwindigkeit und Leistungskonstanz zu erhöhen. Es geht um die Messung von Talent. Zum "Footbonauten" gehört eine ausgeklügelte Software, die jede Reaktion genau aufzeichnet. So lassen sich objektive Daten erheben, und diese lassen Rückschlüsse auf vorhandenes Talent zu.

In dem Beitrag der Personalwirtschaft wird die Parallele zum Assessment Center gezogen. Auch dort versucht man, Menschen mit "Arbeitsproben" zu konfrontieren, die der Anforderung in der Praxis möglichst nahe kommen.
Kennen wir doch, oder? Ich denke an die gute alte Postkorb-Übung. Die wird ja immer mehr ersetzt durch die elektronische Variante. Hier könnte man den Kandidaten mit Mails, Instant-Messages, PowerPoint-Charts, Anrufen und Sitzungsprotokollen peinigen und auch seine Handlungsgeschwindigkeit und Belastbarkeit testen bzw. exakt messen. Wie lange benötigt jemand, um eine Mail als unwichtig zu erkennen? Wann gibt er entnervt auf und delegiert den ganzen Kram (immerhin auch eine Management-Kompetenz)?

Wie gut, dass Management nicht allein aus "Ball annehmen und wieder wegschießen" besteht. Fußball zum Glück auch nicht. Angeblich wird gerade erst untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen der Leistung im "Footbonauten" und auf dem Spielfeld gibt. Ob Berti Vogts oder "Katsche"  Schwarzenbeck (Sie erinnern sich?) es wohl zum Weltmeistertitel gebracht hätten, wären sie in ihrer Jugend mit dem Apparat getestet worden?

Ein anderes Zitat finde ich noch bemerkenswerter: "Ebenso sind sekundenschnelle Marktwertschätzungen möglich." Alle Achtung: Innerhalb weniger Sekunden kann man also den Marktwert eines Spielers bestimmen - oder wie ist das gemeint? Weiter heißt es "Letztere sind allerdings nur im Sinne einer Schätzung der Größenordnung zu verstehen, da Spielertalent laut einer britischen Studie für sich allein genommen lediglich 32 Prozent der Marktvolatilitätauf dem Transfermarkt erklärt."
Wie bitter. Wenn ich mal davon ausgehe, dass Talent nicht aus dem schnellen und genauen Reagieren besteht, dann leistet so eine Maschine am Ende nicht allzu viel Beitrag zur Bewertung von Talenten.  bedeutet.

Andererseits: Glaubt man der Biografie von Andre Agassi, dem amerikanischen Tennis-Star, dann hat ihn sein Vater als Kind stundenlang vor eine Ballmaschine gestellt und dem Knaben die Bälle in Serie um die Ohren geschossen. Bin mal gespannt, wann die ersten Eltern ihre Sechsjährigen im "Footbonauten" aufziehen...

Rezension zum Thema:
High Tech aus dem Profifußball, Personalwirtschaft 9/2011

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

"Messen, was messbar ist, und messbar machen, was nicht messbar ist." - wird Galileo Galilei zugeschrieben.

Brad Pitt ist viel enger mit dem Konzept "Mann" assoziiert als Boy George. Das wurde gemessen: Bei Brad Pitt wurde schneller reagiert, d.h. die Reaktionszeiot ist deutlich geringer... (Quelle: 10/2006. absatzwirtschaft, S. 43).

Und? Was heisst das? Wo ist der Sinnzusammenhang? Die Einbettung in den Kontext?

Also hier Thesen:
(1) Neugier haben
(2) Relevanz klären
(3) Verstand nutzen
(4) Frage operationalisieren
(5) Daten erheben
(6) fakten auswerten
(7) Interpretation geben
(8) Schlussfolgerung ziehen
(9) Sinn stiften

V = f (P, U)

Fragen? Bitte an Raik-Michael Meinshausen (r.meinshausen@gemini-exs.com)