Mittwoch, 30. November 2011

Auch eine Art Mitarbeiterbindung

Ein Professor der Wharton School erklärt im Personalmagazin (Ausgabe 9/2011, S. 35/36), dass heutzutage Mitarbeiter viel schneller bereit sind, einem Arbeitgeber den Rücken zu kehren. Daher gewinnt die Themen "Talentmanagement und Mitarbeiterbindung" eine immer stärkere Bedeutung. Und damit wir verstehen, was damit gemeint ist, kommt ein Beispiel aus der Praxis, und das geht so:

Bei UPS stellte man eine hohe Fluktuation bei den Fahrern fest. Das Problem wurde analysiert und man fand heraus, dass sie häufig wegen Rückenproblemen den Job wechselten. Die Rückenschmerzen rührten daher, dass die Fahrer ihre Fahrzeuge selbst beladen mussten.
Schlimm für das Unternehmen. Nicht, weil die Fahrer gesundheitliche Probleme bekamen, sondern weil diese ja einen engen Kontakt zu den Kunden pflegten und man befürchtete, dass mit dem Weggang der Fahrer auch die Kunden den Anbieter wechselten.

Eine Lösung musste her, und die sah so aus: Man stellte spezielle Packer ein, mit der Folge, dass die Fluktuation insgesamt zwar nicht sank (vermutlich verließen nun die Packer ständig das Unternehmen), aber (Zitat!) "das ist nicht so wichtig", weil die Fahrer nun länger blieben und damit der Kundenstamm nicht in Gefahr geriet.
Das nenne ich gelebte Mitarbeiterbindung!

Rezension zum Thema:
Ständig auf dem Sprung, Personalmagazin 9/2011

Freitag, 25. November 2011

Mit kranken Mitarbeitern reden

Keine leichte Situation, in der Tat. Ein Mitarbeiter fällt häufiger aus, und als Führungskraft sind Sie sich unsicher, ob das Fehlen etwas mit dem Job zu tun hat. Oder gar mit Ihnen. Auf jeden Fall denken Sie, Sie müssten mit dem Mitarbeiter reden. Aber wie sprechen Sie ihn an?

Ich habe in einem Beitrag in der Personalwirtschaft die einschlägigen Tipps gefunden. Sie äußern sich besorgt, schildern Ihre Beobachtungen, bitten um Stellungnahme und vereinbaren am Ende konkrete Maßnahmen. Vorausgesetzt, die Erkrankung hat etwas mit dem Arbeitsplatz zu tun. Und dann bin ich über einen Hinweis gestolpert. Dieser Ansatz unterscheide sich vom bekannten Rückkehrgespräch. Es ginge um das Interesse an der Situation des Betroffenen und "die Suche nach ehrlichen Hilfsangeboten".

Was sagt uns das über das "beliebte" Rückkehrgespräch? Hier geht es also nicht um Interesse und Hilfe - worum dann? Die Rede ist von einem disziplinarischen Charakter des Krankenrückkehrgesprächs.

Ich fürchte, das ist das Dilemma aller institutionalisierten Gespräche. Immer wieder versuchen Personalentwickler und wohlmeinende Manager, ihren Führungskräften eine "Regelkommunikation" zu verordnen. Ich habe nichts gegen Empfehlungen, wie man vernünftig Gespräche führt. Einem Mitarbeiter zu kündigen, ist alles andere als einfach. Kritik zu äußern fällt nicht nur Führungskräften schwer. Tabu-Themen anzusprechen, ist für niemanden einfach. Verhandlungen über eine Gehaltserhöhung machen erhebliche Kopfzerbrechen. Und deshalb sind wir dankbar für Ratschläge, die weiterhelfen und die Situation entspannen.

Unangenehm wird es dann, wenn Anlässe definiert werden, zu denen Gespräche geführt werden müssen. Das Mitarbeiterjahresgespräch, das Krankenrückkehrgespräch, das Personalentwicklungsgespräch usw. Manchmal mag der Zeitpunkt genau der richtige sein, aber leider passt er oft genug eben nicht. Was aber viel schwerer wiegt: Wie will man ehrliches Interesse demonstrieren, wenn der andere weiß, dass mir das Gespräch von oben vorgegeben wird? Eine Führungskraft, die sich regelmäßig nach dem Wohlergehen ihrer Mitarbeiter erkundigt, wird damit wenig Probleme haben, ein "Rückkehrgespräch" zu führen. Sie dürfte so viel Vertrauen aufgebaut haben, dass der Mitarbeiter ihr das Interesse abnimmt. Ansonsten aber wird jede Form von "Pflichtgespräch" als nicht authentisch, erzwungen und letztlich unglaubwürdig rüberkommen.

Ein Dilemma. Für die Personalentwickler, die doch so gern die Kommunikation im Unternehmen verbessern wollen. Und die Führungskräfte, die Gespräche führen müssen, die sie nicht führen wollen und auch nicht wirklich können.


Rezension zum Thema:
Zum Wohle der Mitarbeiter, Personalwirtschaft 8/2011

Mittwoch, 16. November 2011

Selbstorganisation

Keine dumme Frage für Menschen, die glauben, sich um alles kümmern zu müssen: "Welche Aufgaben können NUR Sie selbst übernehmen?" Führungskräfte, die sich diese Frage stellen, können vermutlich ihren Arbeitstag prächtig entschlacken. Eine weitere lautet: "Wo werden Sie am meisten gebraucht?" Wenn Sie mit Hilfe der beiden Fragen einmal schauen, was Sie so den ganzen Tag treiben, dann könnte es sein, dass Sie sich von einigen Tätigkeiten rascher trennen.

Woher ich diese Weisheiten habe? Aus einem Beitrag mit dem Titel "Organisation ist alles" (Harvard Businessmanager 7/2011). Darin behauptet ein vielbeschäftigter Manager, Professor, Buchautor und Anwalt namens Robert Pozen, dass er ständig viele Funktionen gleichzeitig ausübte, ohne dabei in Stress zu geraten. Natürlich lässt er uns an weiteren Erfolgsgeheimnisse teilhaben. Unter anderem diesen:

Halten Sie die Dinge kurz und einfach! Vor allem Ihren Alltag. Das sieht so aus, dass er um 7.00 Uhr aufsteht, duscht und sich anzieht. Er legt die Sachen am Abend vorher raus, und damit er keine Zeit mit der Entscheidung, was er anziehen soll, vergeudet, hat er fünf Winter- und fünf Sommeroutfits. Um 7.15 Uhr sitzt er am Frühstückstisch, wo er jeden Morgen das Gleiche isst (spart auch viel Zeit): Ein Müsli und eine Banane. Dabei liest er zwei Zeitungen und braucht für all das 15 Minuten.

Weitere wichtige Tipps für alle Manager, die viel reisen: Er packt immer den gleichen Koffer, die gleiche Umhängetasche, in beiden befindet sich immer das Gleiche - z.B. eine kleine Taschenlampe, damit er im Taxi, das schlecht beleuchtet ist, arbeiten kann.

Darin liegt also das Geheimnis der Erfolgreichen: Sie schaffen sich standardisierte Abläufe, so dass sie keine wertvolle Zeit mit alltäglichen Entscheidungen verschwenden. Das kann man sicher noch perfektionieren:

Man besucht stets das gleiche Restaurant um stets die gleiche Uhrzeit, so dass der Ober schon bereit steht - ebenso wie das Essen und das Getränk, das immer gleich ist.

Schuhe kauft man am besten im Dutzend, jedes Jahr auf's Neue die lästigen Prozeduren des Anprobierens kann man sich sicher ersparen.

Seiner Frau und seinen Kindern schenkt man jedes Jahr das Gleiche zu Weihnachten - macht langwierige Entscheidungsprozesse nach dem Motto "Was soll es denn diesmal sein?" überflüssig.

Zur körperlichen Fitness wählt man einen Sport, bei dem man weiter arbeiten kann - Radfahren im Fitness-Studio mit integriertem Laptop und Tastatur. Oder schafft sich auch hier Routinen. Ob Herr Pozen, der zur körperlichen Ertüchtigung Tennis-Doppel spielt, immer auf der gleichen Position steht? Wechsel wären doch reine Zeitverschwendung.

Aber mal im Ernst: Sich den Alltag zu erleichtern, indem man sich besser organisiert, ist ein Tipp, auf den ich auch ohne diesen Beitrag gekommen wäre. Den kompletten Tag perfekt durchzustrukturieren können meines Erachtens nur Leute, denen genau diese Art zu leben und zu arbeiten entgegen kommt. Wie langweilig, werden diejenigen sagen, die die Abwechslung lieben. Und mit der Erkenntnis leben müssen, dass beides vielleicht doch nicht geht: Ein spannendes Leben ohne Stress. So hat auch dieser Artikel sein Gutes...

Rezension zum Thema:
Organisation ist alles, Harvard Businessmanager 7/2011

Donnerstag, 10. November 2011

Die Sache mit den Familienunternehmen

Ein Zufall. Da finde ich in der Financial Times Deutschland ein Essay von zwei österreichischen Ökonomen, die mit dem Mythos aufräumen, Familienunternehmen seien erfolgreicher als solche, die sich am Kapitalmarkt orientieren. Sie führen in dem provokativ formulierten Beitrag einige Gründe an, z.B. den, dass in Familienunternehmen die Tendenz besteht, den eigenen Sprössling an die Spitze zu hieven, egal, ob er nun kompetent ist oder nicht. Ob er zuvor Kunstgeschichte studiert hat oder sich als  Sozialpädagogikstudent die Zeit vertrieben hat - egal. Hauptsache, das Unternehmen bleibt in Familienhand.

Eine andere Art der "Vererbung" sei, dass manchmal auch Frauen, die zunächst als Geliebte, dann als Ehefrau und schließlich als Witwe die Qualifikation "erwerben", den Inhaber zu ersetzen. Böse, böse...

Und dann fällt mir der Beitrag in der Brand eins über den Chef der Messer Group in die Hände. Der sein Studium abbrach, in einer Werft jobbte, Plüschtiere verkaufte, schließlich eine Ausbildung zum Industriekaufmann machte und dann in das Familienunternehmen eintrat. Das war längst in der Hand der damaligen Höchst AG. Hier hatten fremde Manager das Sagen, und die stellten den ungeliebten "Eindringling" kalt. Hielten ihn für völlig ungeeignet. Demütigten ihn, legten ihm nahe, sich völlig rauszuhalten.

Als Jürgen Dormann, Anbeter des Shareholder Value, aus dem Konzern ein reines Life-Science-Unternehmen machen wollte, war für den Industriegasespezialisten kein Platz mehr. Das Unternehmen sollte verkauft werden, aber wie das in so einer Situation ist: Man muss die Braut erst mal richtig attraktiv machen. Also wurde hinzugekauft, was das Zeug hielt. Ob sinnvoll oder nicht. Millionen wurden in den Sand gesetzt, während der Geschäftsführer Golf spielte oder mit Kunden auf Großwildjagd ging. Als das Unternehmen kurz vor dem Ruin stand, wurde es an Finanzinvestoren veräußert, diese machten Stefan Messer zum Geschäftsführer. Es gelang ihm, das Unternehmen zurück in Familienhand zu holen. Er ist, verständlicherweise, nicht gut zu sprechen auf die, von den oben genannten Professoren so hochgelobten, "Fremdmanagern".

Ich weiß, ein unterschätzter Sprössling ist noch lange kein Beleg dafür, dass Familienunternehmen die bessere Alternative sind. Aber ebensowenig lässt sich die Tatsache widerlegen, dass, egal wie verantwortungsvoll Manager gestrickt sind, diese stets mit Geld hantieren, das nicht ihnen selbst gehört. Und dass man höchst misstrauisch werden sollte, wenn Top-Manager mit ihrem Golf-Handicap von zwölf oder besser schwärmen.

Allerdings: Stefan Messer hat einen hohen Preis gezahlt. Zumindest da haben unsere Ökomomen aus dem Nachbarland Recht. Familienunternehmer dürften wohl eher selten Vätermonate genießen. Oder ein Golf-Handicap von 12 und besser erreichen...

Rezensionen zum Thema:
Vorsicht vor den Lucky Sperms! Financial Times Deutschland, 16.9.2011
Der Steher, Brand eins 10/2011

Einen Sinn finden

Die Ausgabe 10/2011 der Brand eins, die wir soeben gelesen und besprochen haben, geht auf die Suche nach dem Sinn - und diese führt sie natürlich zu Menschen, die einen Sinn in dem, was sie tun, gefunden haben.

Eine Unternehmerin hilft Führungskräften internationaler Unternehmen, sich in der Fremde zurechtzufinden. Zitat: "Wenn ich mich frage, ob das, was ich tue, sinnvoll ist, schaue ich auf meine Website und lese das Feedback zufriedener Kunden."

Ein junger Mann, der mit der Schule nicht klar kam, findet seine Bestimmung, als er ein Praktikum im Krankenhaus absolviert. Zitat: "Hier bekommst du ein Lächeln von den Patienten, wenn du ein bisschen Zeit für sie hast, morgens ein Brötchen für sie schmierst, ihnen beim Duschen hilfst."

Ein Polizeidirektor, der noch 10 Jahre bis zur Pensionierung hat, geht nach Kabul, wo er den Neuaufbau der afghanischen Polizei unterstützt. Dort erlebt er, dass Polizisten eine Gruppe von Frauen, die für ihre Rechte demonstrieren, vor wütenden Männern schützt. Und fühlt sich gut.

Es stimmt. Manchmal fühlt man sich einfach gut. Dazu genügen Kleinigkeiten. Kleine Rückmeldungen in Mails. Wie diese:

Zitate:
"Es ist so wohltuend, dass Sie nicht auf jeden Mainstream aufspringen. Es hat immer so etwas von "sich dem mutig in den Weg stellen". Von Querdenken."

"Dankeschön für die schnelle Reaktion."

"Ihre Mitglieder- und Anbieterbetreuung ist ausgesprochen gut, klar formuliert und individuell angepasst."

"Phantastisches Editorial! Sie haben es genau "getüpft" wie der Schweizer sagt..."

"Ich möchte mich mal wieder bei Ihnen für Ihren wunderbaren Service bedanken."

"Schön, wenn man merkt, dass es im doch recht anonymen "Orbit" Gleichdenkende gibt."

"Bin regelmäßiger Leser Ihres Blogs. Spannend."

"Vielen herzlichen Dank! Das ging ja super schnell, wie die Feuerwehr!"

"Ich bin sprachlos ob Ihrer prompten Antwort."

"Bei der Gelegenheit möchte ich auch ein Lob aussprechen für Ihr Angebot, das immer wieder inspirierend und informativ ist!"

"Herzlichen Dank für Ihre Zeit, Mühe und natürlich auch für die sehr nachvollziehbaren inhaltlichen Tipps."

...

Ich werde häufig gefragt: "Wie motiviert Ihr euch eigentlich immer noch - Jahr für Jahr alle diese Artikel zu lesen. Sich durch die ewig gleichen Themen zu wühlen. All die als Neuigkeiten verkauften "Weisheiten" zu besprechen?"

Manchmal genügt eine einfache Mail, um weiter zu machen.

Rezensionen zum Thema:
Da geht noch was! Brand eins, Ausgabe 10/2011