"Tut mir leid", sagte der Manager, als wir zum Termin anreisten, um über die Fortsetzung der gestarteten Qualifizierungsmaßnahmen zu sprechen. "Sie müssen verstehen, dass wir auf wenig Verständnis stoßen werden, wenn wir einerseits Sparmaßnahmen an allen Ecken beschließen, aber die Seminarreihe fortsetzen. Das werden weder unsere Vorgesetzten noch die Mitarbeiter nachvollziehen können. Wenn die Wirtschaft wieder anzieht, sehen wir weiter!"
Tja, so ist das. Sparen ist angesagt in Zeiten der Krise. Wirklich? Zwei Artikel beschreiben etwas anderes. In dem einen ("Der After-Crisis-Workshop") heißt es, dass Kostensenkungsprogramme und Personalabbau lediglich für diejenigen Unternehmen sinnvoll sind, deren Existenz ernsthaft gefährdet ist. Allerdings seien das die wenigsten. Alle anderen mögen mit diesen Maßnahmen kurzfristig die Gewinnrechnung verbessern und die Aktionäre begeistern, aber sie zerstören damit nachhaltig die Erfolgspotenziale. Statt zu fragen: "Wie können wir in den nächsten Wochen und Monaten noch Geschäfte machen?" müsste die Frage lauten: "Was müssen wir tun, um dauerhaft im Geschäft zu bleiben?"
Reine Theorie?
Mitnichten. Kurz zuvor habe ich einen Bericht über einen badischen Maschinenbauer in der Wirtschaftswoche gelesen. Dieser habe das Krisenjahr 2009 erstaunlich gut bewältigt. Und wie? Indem man mehr Auszubildende eingestellt hat als zuvor. Indem man die vielen Überstunden, die in den guten Zeiten angefallen sind, abgebaut hat. Indem man in der Kurzarbeit die Mitarbeiter zu Weiterbildungsveranstaltungen geschickt hat, um all das nachzuholen, für das in den fetten Jahren keine Zeit war. Indem die Produktion zurückgefahren, aber die Entwicklung auf Hochtouren arbeitete, um neue Anwendungen und Services zu entwickeln.
Sicher, das Unternehmen hat auch schon vorher gut gewirtschaftet. Der Chef übernachtet in günstigen Hotels, First-Class-Flüge sind tabu - so hat man Geld in der Hinterhand, wenn es mal weniger gut läuft. Es geht also auch anders - dumm ist halt nur, wenn da die Aktionäre murren und die Analysten warnen. Dann schon lieber Leute entlassen und kräftig sparen, für andere Entscheidungen müsste man ja Mut zeigen. Irgendwie wird es späer schon weitergehen...
Rezensionen zum Thema:
Der After-Crisis-Workshop, Zeitschrift Führung + Organisation 2/2010
Wunder von der Alb, Wirtschaftswoche 14/2010
Dienstag, 4. Mai 2010
Krisenreaktionen
Eingestellt von Johannes um 23:04:00
Labels: Führung, Nachhaltigkeit
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
5 Kommentare:
Auch in diesen Zeiten sind Manager nicht Unternehmer. Die Frage stellt sich wer ist an einem mitelfristigen Überleben eines Unternehmens interessiert? Aktionäre kaum!
Warum sollten Unternehmen in Krisenzeiten plötzlich eine andere Mentalität entwickeln. In der Krise zeigt sich sehr gut (was ja auch einen Lerneffekt darstellt), wie wirklich über Investitionen, Weiterbildung und andere Dinge gedacht wird. Es hat mich nicht verwundert, dass die Unternehmen, die antizyklisch gehandelt haben, auch erfolgreicher waren, als die anderen.
... aus meiner Arbeit (Verband) kenne ich mehrere Mittelständler, die sich in der Krise ähnl. wie die Firma Hermle aufgestellt haben. UND: einige haben durch die Krise einen Anlass und Stellhebel gefunden, um (endlich) mit dem Thema "schwache" Führung umzugehen, denn in der Krise wurden Defizite (insb. im Kommunikationsverhalten)deutlich und (be)sprechbar - und diese wurden bei einigen durch pragmatische Unterstützung der GF, der Kollegen und ext. Supervision angegangen. Ich würde mir wünschen, dass die positiven Beispiele (insbesondere der KMUs)noch mehr Öffentlichkeit bekommen.
Ich stimme zu! Weiterbildung in der Krise ist sinnvoll. Gerade Kommunikation macht häufig den Unterschied, wenn es schwierig wird. Aus meiner Praxis kann ich ebenfalls bestätigen, dass Firmen, die in Weiterbildung und Mitarbeiter in Krisenzeiten investieren, besser dastehen. Weitere Beispiele (leider sprechen nicht alle Firmen gerne über Ihre Weiterbildungen und Maßnahmen) wären ermutigend für andere.
Ich greife das Thema gerne mal auf und frage im nächsten Newsletter danach, wer Firmen kennt und auch benennen kann, die in Krisenzeiten verstärkt in die Weiterbildung investiert haben. Mal schauen, ob da etwas kommt.
Kommentar veröffentlichen