Mittwoch, 21. April 2010

Lernen per Datenbrille

Alles hat seine zwei Seiten - kein neuer Spruch. Wissen Sie, was man unter "Pervasive Learning" versteht? Allgegenwärtiges Lernen lautet die Übersetzung, und dabei soll uns modernste Technik helfen.

Ein Beispiel: Sie sind neu in einem Unternehmen, erhalten ein durchsichtiges Display, auf dem alle Anweisungen stehen, denen Sie zu folgen haben - eine Art Navigationsgerät, das Sie durch das Unternehmen führt, alle Lokalitäten erklärt und Ihnen die neuen Kollegen vorstellt.

Oder Sie sind in einer fremden Stadt, richten Ihr Handy auf ein historisches Gebäude und sofort erscheinen ausführliche Erläuterungen, worum es sich handelt. "Augmented Reality" nennt man das, "angereicherte Realität".

Ein letztes Beispiel: Sie machen eine Ausbildung zum Monteur, stehen vor einem technischen Gerät, das Sie reparieren müssen und setzen Ihre Datenbrille auf. Dort erscheint in einer Art Film die komplette Apparatur und virtuelle Hände vollziehen Schritt für Schritt jeden Handgriff, den Sie leisten müssen - bis das defekte Teil ersetzt ist.

Genial? Auf alle Fälle. Ich hätte gerne eine solche Anleitung, um meinen Receiver für den Fernseher zu installieren, die schriftliche Anleitung überfordert meine geistigen Fähigkeiten. Und ich habe auch schon häufiger interessante Orte gesehen und hätte nur zu gerne gewusst, worum es sich dabei handelt.

Andererseits: Wie gut kennen wir uns wirklich noch aus in unserer Umgebung? Ich muss nicht mehr wissen, wo Königswinter liegt, wenn mich mein Navigationsgerät sicher dorthin führt. Ich muss keine Ausbildung mehr machen, wenn ich per "Augmented Reality" jeden Handgriff vorgespielt bekomme. Und ich muss mich nicht mehr vor einer Reise mit meinem Zielort auseinandersetzen, wenn ich jede interessante Information bei Bedarf (on demand) in dem Moment abrufen kann, wenn ich mich vor Ort befinde.

Aber ist das noch "Lernen"?

Der Nachteil der modernen Technik scheint mir darin zu liegen, dass sie es uns erspart, Wissen anzueignen und zu speichern. Mag sein, dass wir dadurch Hirnkapazitäten freischaufeln, die wir sinnvoll für anderes nutzen können. Das Problem dabei ist nur, dass wir extrem abhängig von der Technik werden. Wie wir nicht erst seit Ausbruch des Eyjafjallajökull-Vulkans auf Island drastisch zu spüren bekommen. Wohl dem, der sein Ziel mit "eigenen Mitteln" erreichen konnte...

Rezension zum Thema:
Wenn Technik mitdenkt, managerSeminare 4/2010

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