Dienstag, 9. März 2010

Die Zahlen kommen zum Schluss

Über den Satz bin ich heute morgen beim Frühstücksfernsehen gestolpert (geäußert von einem Interviewpartner zum Thema "Bankenabgabe"): "Es ist nicht die Aufgabe von Banken, moralisch zu handeln, sondern für ihre Anleger Geld zu verdienen. Und das ist richtig!" Muss ein Absolvent einer Business Schule gewesen sein.

Kurz zuvor hatte ich ein Interview mit Thomas Sattelberger, Personalvorstand der Deutschen Telekom, gelesen. Darin verprügelt er mal wieder die Business Schulen, die die falschen Dinge lehren. Zitat: "Ich muss verstehen, dass Unternehmen nicht nur betriebswirtschaftliche, sondern soziale Organismen sind. Die Zahlen kommen zum Schluss, sind das Ergebnis sozialen Handelns..."

Und er fordert mehr Reflexion, die Auseinandersetzung mit mehreren Perspektiven: Der des Kunden über die des Servicetechnikers bis zu der des Theologen. Er will dem Führungsnachwuchs die Gelegenheit zum Disput und zur Reflexion geben. Ein hehres Ansinnen. Aber ich glaube nicht, dass es Aufgabe des Managements oder gar des Personalers ist, Mitarbeiter zu erziehen. Es ist vielmehr die Aufgabe, allen deutlich zu machen, wofür genau man steht, welche Werte man vertritt, was man akzeptiert und was auf keinen Fall akzeptiert wird. Darüber dann mit den Mitarbeitern den Diskurs zu führen, ist sicher nicht verkehrt. Und das Management sollte sich darüber im Klaren sein, dass es an diesen Werten gemessen wird. Jeder "Verstoß" gegen diese Werte lässt den Diskurs zur Farce werden.

Den Führungsnachwuchs zur Selbstreflexion anzuhalten, ist verschwendete Zeit, wenn von oben die nächsten Quartalsziele vorgegeben werden.

Ich kann mich an einen Besuch bei einem höchst fortschrittlichen Unternehmen erinnern, in dem das Management regelmäßig Diskurse über Philosophie, Kunst und Literatur führte. Der Vorstand war offen für die "Auseinandersetzung mit mehreren Perspektiven", und ich war beeindruckt.
Kurz darauf wechselte der Vorstand, der neue schaffte den ganzen Schnickschnack ab, der Personalchef suchte sich einen neuen Job. Die einzig logische Konsequenz...

Rezension zum Thema:
À la John Wayne, Wirtschaftswoche 07/2010

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