Montag, 8. März 2010

Innovationen auswürfeln?

Konzerne lieben die Marktwirtschaft - aber nur, solange sie außerhalb stattfindet. Im eigenen Haus wird geplant und gemanagt - die reine Planwirtschaft. Das mag beim Verwalten des Bekannten und Vertrauten noch funktionieren, vielleicht auch noch beim Optimieren bestehender Dienstleistungen und Produkte, aber kaum beim Entwickeln neuer Ideen. Insofern ist der Begriff "Innovationsmanagement" ein Widerspruch in sich - sagt jemand, der es wissen sollte: Ulf Pillkahn ist bei Siemens für Zukunftstechniken zuständig. Und sein Vorschlag in der Brand eins 2/2010 klingt rabiat: Statt eines elaborierten Innovationsmanagements sollte man lieber aus der Vielzahl neuer Ideen einfach diejenigen auslosen, die weiter verfolgt werden sollen.

Wie bitte? Innovationen dem Zufall überlassen? Das klingt schräg, oder? Aber es ist völlig logisch und nachvollziehbar. Da man nicht jede Idee weiterverfolgen kann, muss man eine Auswahl treffen. Also werden umfangreiche Verfahren und tolle Planungsinstrumente eingesetzt, mit deren Hilfe dann die beste aller Ideen entdeckt und weiterentwickelt wird. Zu blöd, dass man das Innovative aber nicht planen kann - also wird letztlich der Zufall darüber entscheiden, ob man die richtige Idee verfolgt hat. Warum ihm dann nicht gleich die Wahl überlassen?

Was mich dabei vor allem schmunzeln lässt: Pillkahn erklärt, dass die Auswahl per Los viel schneller und ohne Diskussionen verläuft - und als fair akzeptiert wird, während sonst diese Entscheidungen von vielen persönlichen Animositäten begleitet werden. Zum anderen kommen auf diese Weise Ideen zum Zuge, die sonst nie eine Chance gehabt hätten, was das entsprechende Team massiv motiviert.

Eine Einschränkung gibt es: Ideen, die von vornherein als aussichtsreich angesehen bzw. als völlig abwegig erkannt werden, kommen nicht in den Lostopf. Wer weiß, vielleicht sollte man hier noch konsequenter sein...

Rezension zum Thema:
Die Weisheit der Roulettekugel, Brand eins 2/2010

1 Kommentar:

Olaf Hinz hat gesagt…

ich finde diese Idee konsequent: die individuelle Angst, bei einer "nicht funktionierenden" Innovation [wobei mal zu klären wäre, was das wohl ist] persönlich als Schlechtleister da zu stehen, wird sozialisiert und so Handlungsfähigkeit zurück gewonnen. Durch eine Struktur (Zufall) wird die Komplexität nicht plump reduziert, sondern offen für Management - geniale Idee, die unentscheidbaren Entscheidungen zu treffen...

P.S. kennen wir aus der Börsenwelt ja auch: Zufallsdepots sind nicht signifikant schlechter als aktiv gemanagte