Freitag, 31. Juli 2009

Nachhaltige Entlohnungsformen

Ein feiner Satz aus Berater-Feder: "... auf Nachhaltigkeit des Wirtschaftens ausgerichtete Entlohnungsformen passen besonders zur Kultur mittelständischer Unternehmen". Warum? Weil kleine Unternehmen es sich gar nicht erlauben können, dicke Prämien für die Erreichung von Zielen auszuzahlen, während das Unternehmen selbst Verluste schreibt. Damit riskieren sie nämlich die Existenz der Firma.

Umkehrschluss: Entlohnungsformen, die auf kurzfristigen Erfolg ausgerichtet sind, passen eher zu großen Unternehmen, und ein paar Millionen mehr oder weniger fallen bei den großen Verlusten nicht weiter auf.

Ganz interessant: Kleine Unternehmen sollen die Auszahlung von Prämien einfach um drei paar Jahre verschieben. So bindet man die Leistungsträger. Wieso, frage ich mich, sollen Leistungsträger in schlechten Zeiten nicht bleiben? Warum sollen sie keine volle Leistung bringen, wenn ihnen klar ist, dass kein Geld für große Sonderzahlungen da ist? Wenn sie in der Vergangenheit angemessen am Erfolg beteiligt wurden, sprich fair behandelt wurden, werden sie wissen, dass es in besseren Zeiten auch wieder mehr Geld gibt.

Ihnen für ihre Leistung in der Krise Boni zuzusagen, die in drei Jahren fällig werden, klingt für mich absurd. Woher wollen sie wissen, wie es in drei Jahren aussieht? Und warum nicht einfach nur dann Prämien zahlen, wenn das Unternehmen Gewinn macht? Dann aber ordentlich...

Rezension zum Thema:
Boni auch im Mittelstand, Personalmagazin 5/2009

Der Wert des Menschen

Habe gerade mal wieder einige Artikel zum Thema "Human-Kapital" gelesen. Tenor: Die Welt braucht ein Instrument, mit dessen Hilfe der Wert des Mitarbeiters im Unternehmen erfasst werden kann. Oder besser: Sein Beitrag zum Wert des Unternehmens. Oder vielleicht: Sein Beitrag zur Wertschöpfung...?

Egal. Am besten wäre es natürlich, man könne in Euro und Cent berechnen, was der Einsatz eines Menschen im Unternehmen diesem am Ende eines Jahres gebracht hat. Und könnte man das, dann ließe sich auch ausrechnen, welchen Ertrag bestimmte Investitionen in diese Menschen bringen, z.B. Schulungen, gesundheitsfördernde Maßnahmen, Prämien usw.

Wozu das alles?

Weil die Analysten ganz wild auf ein solches Instrument sind? Sie haben angeblich erkannt, wie wichtig immaterielle Werte sind und hätten gerne Kennzahlen, die sie in ihre Bewertung von Unternehmen einfließen lassen können. Wirklich?

Weil die Unternehmensleitung wissen will, ob sie die richtigen Leute eingestellt hat, ob die Personalabteilung funktioniert, ob sich die Investitionen ins Personal lohnen. Nachvollziehbar.

Weil die Personaler sich so sehr nach Anerkennung sehnen und deshalb für sich den Begriff des "Business Partners" kreiert haben. Als solcher würden sie zu gerne beweisen, dass ihre Arbeit echten Mehrwert bringt.

Also greift man zu einer beliebten Methode: Man fragt in mehr oder weniger erfolgreichen Unternehmen herum, was man denn so alles an Maßnahmen ergreift, der Katalog ist lang und umfangreich. Anschließend untersucht man, welche der Instrumente bei wirtschaftlich erfolgreichen Unternehmen eingesetzt werden und glaubt, auf diese Weise bewiesen zu haben, dass es da einen Zusammenhang gibt.

Beispiel: Erfolgreiche Unternehmen schicken Mitarbeiter häufiger auf Seminare. Also: Investitionen in PE-Maßnahmen steigern den Unternehmensertrag. Logisch?
Alternative: Wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen können sich erlauben, Mitarbeiter auf Seminare zu schicken. Ooops...

Wie wäre es mit einem Experiment?

Will man wirklich wissen, welche Personal-Faktoren einen Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben, könnte man es doch durch ein einfachen Experiment herausfinden. Man schickt einen Teil der Belegschaft nach Hause für eine Weile nach Hause und schaut, wie sich der Umsatz und Gewinn entwickeln. Keine gute Idee? Wahrscheinlich nicht. Man stelle sich vor, Vorstände würden eine Weile aussetzen und das Unternehmen floriert. Nicht auszudenken...

Rezensionen zum Thema:
Der HPI-Code / Humankapital bewerten / Der Human-Potiential-Index, Personalmagazin 5/2009

Dienstag, 28. Juli 2009

Einzigartig sein - Respekt zeigen

Über einen Satz bin ich gestolpert. "Genau das macht Ihr Unternehmen einzigartig." Es ist der letzte Satz in der Kolumne von Jack und Suzy Welch in der Wirtschaftswoche 26/2009. Es geht darum, wie man mit Mitarbeitern umgeht. Der Artikel enthält wenig mehr als den Rat, der schon in der Überschrift zum Ausdruck kommt: "Zuhören und Respekt zeigen".

Das ist in der Tat kein besonders origineller Rat. Wann immer jemand zu Ihnen kommt und wissen möchte, wie er mit diesem oder jenem Problem der Mitarbeiterführung umgehen sollte, passt er. Ganze Bibliotheken an Führungsliteratur sind im Grunde überflüssig - wenn er denn beherzigt würde.

Aber wie sagen die Welchs? Arbeitnehmer mit Respekt zu behandeln und ihre Meinung zu hören, machen nur wenige. Deshalb würde es Ihr Unternehmen einzigartig machen. So einfach ist das also, als Unternehmen einzigartig zu sein.

Ich fürchte fast, es stimmt...

Rezensionen zum Thema: Zuhören und Respekt zeigen, Wirtschaftswoche 26/2009

Dienstag, 21. Juli 2009

Sparen, aber richtig?

Was tut man, wenn das Geld knapp wird? Als Privatperson ist die Antwort klar: Sparen. Nicht so oft auswärts essen, nicht ganz so teuren Urlaub machen, die alten Hosen etwas länger tragen usw. Eben an allen Ecken und Enden weniger Geld ausgeben.

Unternehmen reagieren genauso. Da gibt es dann manchmal die Vorgabe von oben: "Alle Budgets um 10% kürzen. Jeder muss seinen Teil zum Sparprogramm beitragen." Klingt auf den ersten Blick logisch, ist es aber mitnichten. So kann es sinnvoll sein, eben keine Personal abzubauen, weil man in diesen Zeiten alle Kräfte dringend benötigt. Ebenso logisch klingt, dass man jetzt nicht in der Forschung spart, um schneller mit neuen Produkten auf den Markt kommen zu können, um der Krise zu entkommen. Und wer am Marketingbudget spart, der verpasst womöglich eine große Chance, genau jetzt der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein.

Mmmh. Und nun? Die Antwort ist einfach: An der richtigen Stelle sparen, empfehlen die Experten. Alle Ausgaben systematisch durchgehen und schauen, welche für den Moment verzichtbar sind. Das Problem dabei: Plötzlich schrumpft das Budget eines Bereiches dramatisch, während andere sogar zulegen und sich als "Sieger" fühlen. Der Fluch der funktionalen Organisation. Sollten nicht alle daran interessiert sein, das Sinnvolle zu tun, statt ihr eigenes Budget zu retten?
Leichter gesagt als getan. Also doch wieder die alte Methode: Sparen mit dem Rasenmäher...

Rezensionen zum Thema:
Sparen aber richtig,
Manager Magazin 6/2009
Fünf kluge Ideen für Führungskräfte, Harvard Businessmanager 12/2008
Spot-billige Aufmerksamkeit, Brand eins 3/2009
Zeit für die One-Man-Show, Financial Times Deutschland 6.2.2009
Reine Kostenbremser bleiben auf der Strecke,
Handelsblatt 13.3.2009
Aus weniger wird mehr,
Financial Times Deutschland 6.2.2009

Mittwoch, 15. Juli 2009

Bonuszahlungen

Leistungsabhängige Vergütung - was man darunter alles verstehen kann, zeigt sich in Krisenzeiten. Da hat eine Studie herausgefunden, dass ein Großteil der Manager in der Flaute keineswegs geringere Boni erhält, über 30% konnten ihre variablen Gehaltsbestandteile sogar steigern. Die Experten äußern Verständnis. Begründung: Es kann ja sein, dass ein Unternehmen weitaus schlechter dastehen würde, wenn das Management nicht so eine gute Leistung gebracht hätte. Mit anderen Worten: Der Bonus wird dafür gezahlt, dass es dem Unternehmen zwar schlecht geht, aber weniger schlecht als es ihm theoretisch gehen könnte.

Schlau, oder? "Liebes Management, wir danken dir, dass du uns vor noch größerem Unheil bewahrt hast. Wir haben weniger Minus gemacht als befürchtet, das ist uns eine fette Prämie wert."

Wow! Man kann es immer so drehen, dass sich ein Grund für eine Bonuszahlung ergibt. Man könnte es allerdings auch anders machen: Dem Management eines Unternehmens, dass weniger schlecht dasteht als andere oder als es unter noch ungünstigeren Bedingungen dastehen würde, wird der Bonus weniger gekürzt als jenen, deren Unternehmen es noch schlechter geht. "Liebes Management, wir danken dir, dass uns ein größerer Verlust erspart geblieben ist, daher ersparen wir dir die komplette Streichung des Bonus."

Mich würde mal interessieren, ob ein Fußballverein einem Trainer eine Prämie für das Erreichen der UEFA-Cup-Platzes in Aussicht stellt und sie ihm nachher dafür auszahlt, dass der Verein nicht abgestiegen ist...

Rezension zum Thema:
Geh ruhig über Los, Geld kriegst du sowieso, Financial Times Deutschland 13.5.2009

Freitag, 10. Juli 2009

Eigenmarke im Netz pflegen

Es ist nicht das erste Mal, dass ich mich kritisch zu dem Thema "Eigenmarke pflegen" äußere. Damit angefangen hat Tom Peters, der das Thema "Marke" für das Individuum entdeckt hat. Auf den ersten Blick ein interessanter Ansatz. So wie man ein Produkt zu einer Marke entwickelt und diese anschließend irgendwann so bekannt ist, dass sie für ein ganzes Produktsortiment oder gar ein Unternehmen taugt, müsse auch der Einzelne seine Marke aufbauen, unverwechselbar werden, alle Verhaltensweisen und Werke der Marke unterordnen.

Tatsächlich ist es ja Marketingstrategen gelungen, Menschen so bekannt zu machen, dass sie jedes Kind kennt. Der kürzlich verstorbene Michael Jackson, aber auch etliche Sportidole dürften hier als Beispiel dienen. Aber lässt sich das auf uns alle übertragen?

Schauen wir uns die Tipps an, die wir nun zu lesen bekommen, um unsere Marke im Internet aufzubauen. Die Wirtschaftswoche empfiehlt, einen Schriftzug zu entwickeln und ihn, wo immer wir im Netz auftauchen, in den Vordergrund zu stellen (am besten als Logo gleich auf jeden Hemdkragen drucken, oder?). Weblogs sollen wir betreiben, professionelle Fotos ins Netz stellen und einen Avatar, unser virtuelles Ebenbild, damit gestalten. In Twitter, Facebook oder Xing sollen wir uns tummeln, auf YouTube einen Videokanal eröffnen und dort Kurzfilme von uns einstellen. In Blogs sollen wir fachmännische Kommentare hinterlassen, Newsletter herausgeben, ein Buch schreiben, Studien anfertigen, Interviews geben, ein Wiki eröffnen und, und, und...

Längst Realität

Man stelle sich vor, das würde die Mehrzahl der Menschen ernst nehmen. Was für eine Flut an Schriftzügen, Newslettern, Selbstdarstellungsvideos, Büchern und Studien über uns hereinbrechen würde. Es geht also nicht mehr darum, dass derjenige, der etwas zu sagen hat, dies auch tut, sondern darum, dass man etwas sagt, um wahrgenommen zu werden. Filme und Artikel dienen der Selbstvermarktung, Studien und Umfragen lediglich dazu, den Autor bekannt zu machen.

Gruselig - und leider schon Realität. Genau diese Ratschläge nämlich beherzigt das Heer der Berater: Jeder ein Autor, Studien ohne Ende, "Fachartikel" in Massenproduktion. Veröffentlichen kann man inzwischen alles. (Übrigens nicht nur im Netz. Allzu wählerisch sind auch all die Magazine und Fachzeitschriften nicht mehr.)

Da wird das Netz endgültig zum Müllplatz. Schade eigentlich...

Rezensionen zum Thema:
Marke Eigenbau, Wirtschaftswoche 23/2009
Warum wir twittern, Wirtschaftswoche 24/2009

Montag, 6. Juli 2009

Assessment Center ohne Aussagekraft?

Herr Schuler hat das nicht zum ersten Mal veröffentlicht. Das AC wird in vielen Unternehmen stümperhaft vorbereitet und durchgeführt. Seine Fähigkeit, beruflichen Erfolg vorherzusagen, ist kaum besser als die Analyse der Bewerbungsunterlagen und liegt unterhalb einem gut geführten Interview.

Ich möchte einen Aspekt aus den Ausführungen, die alles andere als überraschend sind, herausgreifen. Immer noch gibt es AC-Protagonisten, die großen Wert darauf legen, das Instrument von allem "Vorwissen" freizuhalten. Soll bedeuten: Man möchte die reine AC-Leistung erfassen, ähnlich einem Experiment, in dem man alle äußeren Einflüsse kontrollieren will. Die Beobachter sollen sich ganz auf das gezeigte Verhalten konzentrieren und unbeeinflusst von jeglichen Vorinformationen ihre Einschätzungen treffen.

Das mag für Wissenschaftler interessant sein, für Diagnostiker, die Aussagen über die Fähigkeiten von Menschen treffen sollen, ist das geradezu fahrlässig. Mal abgesehen davon, dass es gar nicht möglich ist, Vorinformationen völlig auszublenden (dann müsste man den Beobachtern ähnlich der amerikanischen Jury bei Prozessen jeden Kontakt zu den Kandidaten untersagen) wäre es doch extrem hilfreich, das, was man schon über die Menschen weiß, für die Einschätzung der Fähigkeiten zu nutzen. Wobei die Leistungen im bisherigen Berufsleben mit Sicherheit weitaus aussagekräftiger sind als jedes Verhalten in einem Rollenspiel, bei dem man sich um ein Projektbudget mit anderen Kandidaten streitet.

Schuler empfiehlt, bei internen Potenzialanalyse-ACs die Beurteilungen der bisherigen Leistungen einzubinden. Ein weiser Rat. Ich kann mich an ein AC erinnern, bei dem wir im Vorfeld Einschätzungen von Vorgesetzten und Kollegen eingeholt hatten und diese sich in großen Teilen mit den Beobachtungen im AC deckten. Bis auf die Einschätzung eines Kandidaten, der ganz anders gewirkt hatte.

Erstaunliche Reaktion der Beobachter: "Gut, dass wir das AC gemacht haben, sonst hätten wir uns auf die Beurteilung verlassen und hätten ganz schön daneben gelegen."

Meine Frage: "Wäre es nicht auch denkbar, dass der Kandidat im AC eine völlig untypische Leistung geboten hat? Immerhin haben wir ihn nur zwei Tage erlebt, die Kollegen und Vorgesetzten aber schon ein halbes Berufsleben lang?" wurde vehement zurückgewiesen. Schließlich habe man doch mit eigenen Augen erlebt...

Ein wenig Werbung in eigener Sache: Zum Glück gibt es Organisationen, die vertrauen dem Urteil ihrer Führungskräfte und deren Kollegen und setzen das von uns empfohlene Verfahren ein. Mehr dazu bei MWonline-Beratung.

Rezension zum Thema:
Assessment Center schlechter als sein Ruf, Personalwirtschaft 2/2009

Mittwoch, 1. Juli 2009

Irgendwas kann jeder werden

Man muss sich nur anstrengen und etwas wirklich wollen, dann kann man es auch schaffen. Das Motto des amerikanischen Traums - eine einfache, aber falsche Botschaft. Die Chancen für den persönlichen Erfolg sind ungleich verteilt, die Natur ist ungerecht. Das sei der eigentliche Skandal, sagt der Medienwissenschaftler Norbert Bolz. Richtiger muss es heißen: "Irgendwas kann man immer werden". Der Satz klingt blöd, aber er gefällt mir. Um erfolgreich zu sein, muss ich erfolgreich sein wollen und mich mächtig ins Zeug legen. Ob ich das ursprünglich angestrebte Ziel erreiche, steht in den Sternen, hängt unter anderem von der Begabung, den Rahmenbedingungen, von Zufällen und Glück ab. Aber irgendetwas werde ich erreichen, wobei das wiederum nur von einem Faktor abhängt: Von harter Arbeit.

Wenn wir die biologische Ungerechtigkeit akzeptieren, dann können wir aufhören, auf diejenigen neidisch zu sein, die es bis nach ganz oben geschafft haben. Zumindest können wir auf die "böse" Form des Neides verzichten, die uns nicht motiviert, sondern uns resignieren, missgünstig und verbittert werden lässt. Statt unser Glück davon abhängig zu machen, wie erfolgreich wir im Vergleich zu anderen sind, sollten wir einen Vergleich ziehen zwischen dem eigenen Erfolg in der Vergangenheit und heute. Tun wir aber nicht.

Bolz sieht eine Ursache in den Massenmedien. Diese verführen zu dem Glauben, dass man es auch ohne Anstrengung schaffen kann. Eine interessante These: Die Massenmedien sind in der Lage, jeden Menschen zu begehrten Stars zu machen, wie im Film Celebrity. Damit schaffen sie den Neid, der nach "Gerechtigkeit" schreit. Er wird übertragen auf jene, die es mit viel Einsatz und harter Arbeit zu etwas gebracht haben. Würden deren Geschichten erzählt, könnte man wieder zu einem positiven Leistungsethos kommen, den Bolz fordert. Eben zu jener Haltung, dass jeder es zu etwas bringen kann, wenn er nur seine Chancen nutzt. Womit wir dann doch wieder beim amerikanischen Traum landen, der eben genau das besagt: "Wer erfolgreich sein will, muss daran glauben und daran arbeiten."

Rezension zum Thema:
Irgendwas kann man immer werden, Wirtschaftswoche 22/2009