Wenn Menschen sich vom Unternehmen fair behandelt fühlen, etwas als gerecht erleben, dann sind sie im Gegenzug auch bereit, sich für dieses Unternehmen zu engagieren, es praktisch "mit gleicher Münze heimzuzahlen". Banal? Eigentlich schon. Weshalb man sich angesichts der Forschung zu diesem Thema fragt, was es denn da noch zu forschen gibt. Aber gut, die Kollegen Sozialpsychologen sollen ja auch was zu tun haben.
Was passiert, wenn Menschen sich unfair behandelt fühlen? Erhöht sich damit die Wahrscheinlichkeit, dass sie das Unternehmen ausnutzen, Dinge mitgehen lassen, Arbeitszeit stehlen, ihren Einsatz zurückfahren? Natürlich, sie werden versucht sein, die "erlebte Ungerechtigkeit" mit gleicher Münze "heimzuzahlen."
Wie in einer Studie eben jener Sozialpsychologen nachgewiesen. Dabei hatte man zwei Fabriken eines Unternehmens verglichen. In beiden hatte man Gehaltskürzungen verkündet. Aber während in der einen die Kürzungen ausführlich begründet und mit den Mitarbeitern diskutiert wurden (auch "informationale Gerechtigkeit" genannt), hatte man den Mitarbeitern in der anderen Fabrik die Entscheidung nur lapidar mitgeteilt.
In der Zeit unmittelbar nach der Informatione erfasste man die Lagerbestände. Oder besser: Den Schwund der Lagerbestände. Und siehe da: In beiden stieg die Zahl der "vermissten"
Gegenstände an. In der ersten Fabrik allerdings nur geringfügig, in der zweiten jedoch erheblich. Das, was man den Mitarbeitern "weggenommen" hatten, holten sich diese auf nicht legale Weise zurück. Allerdings jene, die sich anständig behandelt fühlten, nicht im gleichen Ausmaß. Sie fühlten sich offensichtlich verpflichtet, ebenfalls Anstand zu zeigen. Die meisten wenigstens.
Wer hat Schuld?
Als ich ähnlich einmal in einem Seminar mit Führungskräften argumentierte, entrüsteten sich diese: "Sie wollen doch nicht den Vorgesetzten die Schuld geben, wenn Mitarbeiter stehlen? So weit kommt es noch. Unzureichende Information darf doch keine Rechtfertigung für Diebstahl sein!"
Knapp daneben ist auch vorbei. Wie so oft wechseln viele in dieser Diskussion auf eine andere Ebene, nämlich auf die moralische: Ist es richtig, mit Diebstahl zu reagieren? Und wer hat hier Schuld? (Nebenbei bemerkt: Würde man diejenigen, die sich so aufregen, fragen, wie viele Steuertricks sie kennen, um Vater Staat ein wenig von dem vorzuenthalten, was dieser so unfair einsackt, würde man sicher manchen Experten finden.)
Natürlich ist es nicht richtig, auf erlebte Ungerechtigkeit mit einem Eigentumsdelikt zu reagieren. Aber was ist die Konsequenz? Das Lager mit Videokameras überwachen, eine Detektei engagieren und die Diebe auf frischer Tat ertappen?
Wer über gesunden Menschenverstand verfügt, weiß, dass es für fairen Umgang miteinander keine echte Alternative gibt.
Rezensionen zum Thema:
Fairness lohnt sich! Welche Bedingungen innovatives Verhalten fördern, Wirtschaftspsychologie-aktuell 4/2008
Erlebte Ungerechtigkeit: Warum Mitarbeiter ihr Unternehmen schädigen, Wirtschaftspsychologie-aktuell 4/2008
Montag, 26. Oktober 2009
Über Fairness und Gerechtigkeit
Eingestellt von Johannes um 21:56:00
Labels: Anstand, Führung, Moral, Unternehmenskultur
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