Mittwoch, 30. April 2008

Lebenslanges Lernen?

Herr Pichler von der wirtschaft + weiterbildung erhofft sich vom MWonline-Weblog viele kritische Beiträge zum Thema "Weiterbildung", dann will ich mich mal ranhalten. Diese Woche bin ich mal wieder über den Begriff "Lebenslanges Lernen" gestolpert. Er geistert schon lange durch die Szene, und er erscheint ja zunächst auch sehr sinnig: Nur wer sein Leben lang lernt, der bleibt fit - fit im Kopf und fit für den Arbeitsmarkt. Wer aufhört zu lernen, der bleibt nicht nur intellektuell stehen, sondern fällt gnadenlos zurück. Soweit, so nachvollziehbar.

Nun lese ich im Handelsblatt einen Artikel, in dem von jemandem die Rede ist, den bei dem Gedanken, als "ewiger Student" durch die Gegend zu laufen, das kalte Grausen packt. Der sich schlicht weigert, ein Seminar nach dem anderen zu besuchen. Und der offensichtlich damit nicht allein dasteht, es gibt jede Menge "Weiterbildungsverweigerer". Jau, denke ich, kommt mir sehr vertraut vor, der Gedanke. Nach Abschluss der letzten Prüfung zum Diplom ging es mir ebenso: Das war's mit Lernen, keine trockenen Vorlesungen mehr, keine Prüfungen, keine Klausugen - endlich frei.

Lernverweigerer?

Tatsächlich bin ich seitdem jeder Form von Prüfung aus dem Weg gegangen. Bin ich deshalb ein "Lern-Verweigerer"? Jemand, der vom Segen des lebenslangen Lernens ausgeschlossen ist? Ich fürchte, da ist wird gerade mal wieder mächtig aneinander vorbei kommuniziert. Für mich bedeutete Lernen immer, Neues zu erfahren, Neues auszuprobieren, Neues kennen zu lernen und auch zu beherrschen. Wie die Bedienung des Internets, das richtige Schwingen eines Tennisschlägers, der Umgang mit Word, Excel oder einem diagnostischen Tool wie dem DISG-Persönlichkeitsprofil. Und wenn der Erwerb dieser Kenntnisse nur per Seminar geht, dann meinetwegen. Ansonsten ziehe ich es vor, "on the job" zu lernen.

Was das etwa anders gemeint mit dem "Lebenslangen Lernen"? Gar nicht als eine Art "Lebenseinstellung", sondern tatsächlich das lebenslange Besuchen von Seminaren, Vorlesungen und Kongressen - inklusive dem Ablegen von Prüfungen? Ich fürchte, es ist wie so oft: Da wird ein Begriff geprägt (wie z.B. der Begriff der Ich-AG), schwups wird er aufgegriffen und ein Konzept darauf gesetzt. Vor allem dann, wenn damit ein lukratives Geschäft zu verbinden ist. Irgendwann kommt auch noch Vater Staat und bietet allen Lernwilligen an, einen Teil der Kosten zu übernehmen, wie jetzt geschehen mit der "Bildungsprämie". Da werden sich viele Weiterbildungsanbieter die Hände reiben, aber ich fürchte, die Zahl der "Weiterbildungsverweigerer" wird eher zunehmen. Schade um einen eigentlich schönen Begriff...

Rezension zum Thema:
Widerstand gegen Weiterbildung wächst, Handelsblatt vom 18.4.2008

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