Wohl dem, dessen Eltern sich frühzeitig Gedanken über berufliche Chancen machen. Es kann gar nicht früh genug sein, denken sich offensichtlich viele, und so boomen Angebote für die lieben Kleinen, denen z.B. schon im Kindergartenalter Englisch beigebracht werden soll. Eine Stunde pro Woche, blanker Unsinn, sagen Lernexperten, so lernen auch Kinder kein Englisch. Was soll's, werden sich die Eltern denken, vielleicht hilft es ja doch.
Noch viel beeindruckender: Da werden Kinder im Alter zwischen 2 und 9 Jahren in Fächern wie Biologie, Astronomie, Ökonomie, Geografie und, man lese und staune, "Ziele und Lebensstrategien" unterrichtet. Dabei werden Rollenspiele und Präsentationen geübt - videounterstützt. Damit der Nachwuchs früh lernt, vor Publikum ohne Lampenfieber frei und selbstbewusst zu sprechen.
Originalzitat: "... erkennen Methoden und Wege, wie man sich Ziele setzt und sie erreicht. Über Rollenspiele lernen sie ihre Gefühle zu analysieren, positive Problemlösungen unter Gleichaltrigen zu suchen und Regeln für die eigene Sicherheit aufzustellen."
Nicht, um hierfür Werbung zu machen, sondern für den Fall, dass Sie es nicht glauben können - das Unternehmen heißt FasTracKids® und hat Lizenznehmer in 40 Ländern. Na, da müsste einem doch noch viel mehr einfallen, um den vorausschauenden Eltern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Man könnte Vorbereitungskurse für die theoretische Führerscheinprüfung anbieten, das spart eine Menge Zeit vor dem Abitur. Tischsitten und Anstandsregeln wären ein schönes Unterrichtsfach, das kommt in vielen Elternhäusern ohnehin zu kurz. Oder wie wäre es mit einem Bewerbungstraining? Könnte den Einstieg in die Grundschule erleichtern...
"Halt mal", könnten Sie sagen, "bieten Sie mit der Junior Management School nicht auch Kurse für Schüler an mit Themen, mit denen sonst erst Erwachsene im Berufsleben konfrontiert werden? Und müssen hierfür nicht auch die Eltern bezahlen?" Daran musste ich auch denken, als ich von den Vorschulkindermanagerkursen las. Ich möchte nicht ausschließen, dass es auch eine gewisse Anzahl von Schülern gibt, die auf einen mehr oder weniger starken Druck ihrer Eltern die Möglichkeit der jMS nutzen. Unsere Erfahrung aber zeigt, dass 16- bis 18jährige sehr wohl schon eigene Entscheidungen zu treffen in der Lage sind. Und selbstbewusst genug, wieder auszusteigen, wenn ihre Erwartungen nicht erfüllt werden. Ein erheblicher Unterschied, oder?
Rezension zum Thema:
Baby-Tuning, Financial Times Deutschland vom 20.2.2008
Montag, 17. März 2008
Managementtraining für Kleinkinder
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1 Kommentar:
Ist ja alles eigentlich nix Neues, außer mit natur-, geistes- und sozialwissenschaftlichem sowie Management-Vokabular aufgepeppt für teures Geld!
Klingt daher irgendwie unterirdisch....!
Wozu? Machen denn das nicht alles die meisten Eltern eh schon "automatisch" zuhause mit ihren Kindern?
Abgesehen davon: die Aufgabe der ELTERN liegt nunmal in der Verantwortung den Kindern so zur Seite zu stehen, daß diese selber die richtigen Antworten (und zwar ihre eigenen!) auf die Fragen finden, die ihnen das Leben täglich stellt. Das ist dann Sinnfindungs-Unterstützung, die den Kindern die Möglichkeit gibt selbst sukzessive Verantwortung zu übernehmen für sich und Andere im Hier und Jetzt! Wer sich als Eltern dies zu "Mission" macht, anstatt die eigenen Karriere-Werte und seinen eigenen (rein individuellen) Werte-Sinn seinen Kindern aufzunötigen, der wird (oft gerade deshalb!)ein glückliches Familienleben leben und sich am Heranwachsen seiner Kinder auch ohne FasTracKids sehr erfreuen können.....
Anstatt fremder "Turbo-Schmieden" nehmen SIE sich daher lieber die prime time und vermitteln Ihren Kindern zusätzlich die nötigen Softskills wie Herzenswärme, Geborgenheit, die Chance sich auch fallen lassen zu können, Achtsamkeit, Achtung sowie Respekt. Stehen Sie ihnen zur Seite, um sie zu authentischen und integren Menschen heranwachsen zu lassen - und nicht zu Elite-Leistungs-Kompetenzzentren für ein sozialdarwinistisches "Survival of the fittest". Die vorgenannten post-heroischen Qualitäten werden dringend von der nachwachsenden Generation zum Gemeinwohl der ohnehin immer stärker individualistisch geprägten global community benötigt....
Sonst wird's schnell ein 2FasTrack4U... ;-)
Dirk Boehmer
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