Montag, 3. März 2008

Baustelle Schule?

Ich weiß, damit mache ich mir keine Freunde. Aber ein Artikel in der managerSeminare zum Thema "Training und Schule" gibt mir den Anlass, das hier mal loszuwerden. Wenn wir Schüler an der Junior Management Schule (jMS) fragen, was sie von dem Unterricht in dieser Initiative erwarten, dann ist uns eine Antwort gewiss: "Auf jeden Fall nicht so wie Schule!"

Das ist bitter, aber deckt sich mit meinen Erfahrungen als Vater. Meine Kinder gehen gerne zur Schule, und ich glaube, dass sie es dort auch gut angetroffen haben. Dennoch höre ich auf die Frage: "Wie war's?" viel zu oft die einförmige Antwort: "Langweilig!" Wie kann das sein?

Wie kann Physik langweilig sein angesicht der unglaublichen Technologien, die uns das Leben heute erleichtern? Wie kann Chemie langweilig sein, wo unser ganzes Dasein von Chemie umgeben ist? Und Sprachen erst. Wieso singen die Kids ganze Lieder ihrer Lieblingsinterpreten auf Englisch mit, aber finden Englisch öde? Oder Geschichte? Ich erinnere mich, dass ich mich in Geschichte zu Tode gelangweilt habe, und heute werden historische Romane verkauft wie warme Semmel...


Video: Ausschnitt aus dem jMS-Unterricht "Gesprächsführung".

Geht das nicht anders? Es muss anders gehen, und die Arbeit am Curriculum der jMS zeigt mir, dass es anders geht. Allerdings ist der Zeitaufwand, den wir in ein dreistündiges Unterrichtsmodul stecken, erheblich, und trotzdem müssen wir manchmal jede Menge Anpassungen vornehmen, um die erwünschte Wirkung zu erzielen. Und wir greifen die Anregungen von Dozenten auf, die aus dem Unterricht kommen und Neues ausprobiert haben. Keine Frage, diesen Aufwand könnte ein Lehrer kaum betreiben. Oder doch? Ich weiß es nicht, aber ich bin davon überzeugt, wenn Lehrer ihre Erfahrungen austauschen, ihre besten Methoden weitergeben und voneinander lernen würden, würden die Chancen auf einen Unterricht, der alles andere als langweilig ist, drastisch steigen. Utopisch?

Rezensionen zum Thema:
Training trifft Schule, managerSeminare 12/2007

2 Kommentare:

Markus Sikor hat gesagt…

Hallo Herr Thönneßen,

danke für diesen anregenden Beitrag zum Thema Schule aus der "Management-Ecke". Auch wenn ich kein Freund des unreflektierten Ansatzes "Unternehmen Schule" bin - so bin ich ganz bei Ihnen im Entsetzten darüber, wie die kreativen Ressourcen unserer Kinder durch schlichtweg langweiligen Unterricht brach liegen... Woran liegt´s? Wie immer sind die Ursachen vielfältig ("System Schule", Lehrer-Persönlichkeit, Umfeld der Kinder etc.) - aber dass es auch anders geht zeigen mittlerweile zum Glück auch viel "alternative" Schulkonzepte - die "alternativ" heißen, weil sie echte Alternativen bieten zum "Lernbrei", der leider in vielen Regelschulen Alltag ist. Unsere Tochter hat nach vier Jahren (Montessori-)Schule noch immer Begeisterung für´s Lernen! Also, liebe Eltern, entscheidet Euch - es geht um Eure Kinder und unser aller Zukunft.

Mit herzlichen Grüßen,

Markus Sikor
http://www.institut-sikor.de/blog/

Anonym hat gesagt…

Hallo Herr Thönneßen,

ja und nein.
Es muß ja nicht gleich "alternativ" / Montessori sein!

Es reicht m.E. im Regelschulbetrieb zunächst auch "einfach" Lust (!) am Lehren und am Lernen zu stimulieren sowie Spaß an der Sache zu haben, sich gegenseitig (inhaltliche) Freude zu bereiten, gemeinsam über den Lehrstoff zu "weinen und zu lachen", kleine Lernstoffeinheiten in einen größeren Sinn-Zusammenhang zu rücken, die Kindes-Interessen durch praxisorientiertere Vorgehensweisen zu wecken, den kreativen Input der Kinder zuzulassen etc.

Kinder und Jugendliche interessieren sich eben grundsätzlich eher für SINN-Fragen, also für das Warum? und Wozu?, anstatt nur für das "trockene" Wie? und Was?

Das bedeutet aber bei den Lehrern vor allem hohe Identifikation, Engagement und Leidenschaft, die aber, wie der Name sagt, bei vielen von ihnen auch Leiden schafft (insbesondere angesichts der heutigen Jugend-"Freizügigkeit" aufgrund einer zunehmend "schwächelnden" primären Sozialisiation im Elternhaus), so daß den Lehrkräften für die wichtigen inspirativen Kräfte zunehmend die Puste ausgeht. Mit mir befreundete Lehrer (in D wie in den USA) sprechen davon, daß Sie einen nicht unerheblichen Prozentsatz ihres Lehr-Alltages alleine mit "disziplinarischen" Maßnahmen und Knigge-Teil_1-Tutorials verbringen und das quer durch alle Jahrgangsstufen....

Von den größten Leiden der Lehrer, der double-bind-Technokratie der Kultusministerien und Schulbehörden mit Lehrplan-Zwangskorsett, einmal ganz abgesehen.

Ich kenne aber auch privat Lehrer, die ihren Beruf nicht als Job sondern als Beruf-ung sehen und deswegen (trotz aller o.g. Schwierigkeiten) in ihm aufgehen und auch seitens der Schüler positive Resonanz ernten, vor allem dann, wenn sie auch authentisches ehrliches persönliches Interesse an den Kindern / Jugendlichen signalisieren.

Deswegen brauchten wir viel mehr Gemein-SINN zwischen Eltern und Lehrern (und Lehrern untereinander), bei dem qua sozialem Engagement Erstere Letzteren eher den Rücken stärken, sich an den Lehrkonzepten und -Methoden wertschätzend & kreativ beteiligen, ihnen Vertrauen entgegenbringen, ihnen Mut machen etc.

Und nicht zum egoistischen Wohle Ihrer Kinder entweder heuschreckenartig in Elternabenden / Einzelgesprächen als Kritikaster über die armen Lehrer herfallen oder im Gegenteil stumm alles über sich ergehen lassen bzw. erst gar nicht kommen!

Und wir müssen zuhause den Kindern das Parallelwelten-Syndrom nehmen, daß Schule und "Privatleben" zwei kulturelle Gegenpole darstellen.... (à la "erst die 'Arbeit', dann das Vergnügen"). Sondern die Kinder aktiv dahinbringen, daß "Work" & "Life" etwas Ganzheitliches / Untrennbares darstellen, um damit im Einklang zu leben und daraus Glück, "Flow" und Zufriedenheit zu empfinden (was auch später im harten Berufsleben immer wichtiger wird)

Mehr dazu in meinem XING-Blog unter
https://www.xing.com/app/forum?op=showarticles;id=7637648;articleid=7713245#7713245

Herzliche Grüße,
Dirk Boehmer