Montag, 18. Februar 2008

Die Berater des Herrn Zumwinkel

Ein Blog über Management - kann man da den Steuerskandal ignorieren? Vermutlich nicht. Aber kann man dazu überhaupt noch etwas Neues schreiben? Vermutlich auch nicht. Ich probier's trotzdem.
Wundert es uns, dass Menschen, die mehr als genug haben, versuchen, so wenig wie möglich dem Staat in Form von Steuern zu überlassen? Offensichtlich haben sie - wie viele andere auch - den Eindruck, dass sie der Allgemeinheit nichts schulden, sondern eher umgekehrt. Und wenn die Allgemeinheit das nicht einsieht, dann wechselt man natürlich nicht den Wohnort nach Liechtenstein, sondern nur die Bank. Aber mal ohne Spott:

Was mir bei der Geschichte um Zumwinkel und Co. nicht aus dem Kopf geht sind diejenigen, die den Herrn beraten haben. Als MWonline das erste Mal einen kleinen Gewinn abwarf, freute sich mein Steuerberater und erklärte mir, dass man zwar hier und da noch einen Cent Steuern sparen könne, aber dass er mehr auf dem Standpunkt steht, dass Unternehmen auch eine gesellschaftliche Aufgabe haben. Fand ich damals schon sympathisch und heute noch viel mehr. Ich bin dankbar für diesen Steuerberater (er wird sich freuen, wenn er das liest).

Wie mag der Rat für Herrn Zumwinkel ausgesehen haben? "Das ist völlig legal, da müssen Sie sich keine Sorgen machen!" Dann hatte jemand keine Ahnung von seinem Job oder den Millionär wissentlich beschissen. Oder: "Das ist zwar nicht legal, aber ohne Risiko!" bzw. "Das machen alle, und es ist noch nie was passiert!" Dann war's erstens eine Fehleinschätzung und zweitens eine Anstiftung zu einer Straftat - was diese natürlich nicht entschuldigt.

Warum hat niemand gesagt: "Hey, Sie sind mehr als jeder andere in einer Position, zu der man aufschaut. Wenn Sie nicht Ihrer Aufgabe als Bürger nachkommen, wie können Sie dann von anderen erwarten, dass sie sich korrekt verhalten, z.B. tausende von Mitarbeitern?"
Nein, natürlich tut mir ein Millionär, der wegen zehn Millionen auf einem Liechtensteiner Bankkonto seinen Ruf und seinen Job verliert, nicht wirklich leid. Aber dass solche Menschen offensichtlich keine Berater an ihrer Seite haben, die ihrer Rolle gerecht werden, ist mir ein Rätsel.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Herr Thönessen,

danke sehr für Ihren Kommentar. Was soll man da respektive ich noch hinzufügen?

Vielleicht so etwas Naives, wie, dass ich mich frage, warum nicht jemand, der ganz viel Geld verdient, und nicht weiß warum er Steuern zahlen soll, einfach mal Folgendes macht - vielleicht weil er eh auch schon genug Vermögen angesammelt hat:

Einfach ab dem nächsten Monat sein Gehalt auf die Höhe des Existenzminimums zu reduzieren.

Nicht mehr. Und nicht weniger.

Einfach nur das.

Und auch ohne Begründung, ohne PR-Erklärung wie wohltätig er ab jetzt sein möchte etc. und pp.).

Dummerweise kann jetzt ja keiner mehr auf diese Idee kommen, da man ihm jetzt unterstellen könnte, dass er es genau aus PR-Gründen etc. macht.

Nur so eine naive Idee, von jemandem der denkt, dass naive Ideen ganz schön naiv. Und realitätsfern, oder?

Herzlich
Thom Fischer

Anonym hat gesagt…

Die Frage mit den Beratern ist doch eigentlich ganz einfach zu beantworten: Die meisten Maenschen, und dazu zähle ich jetzt mal auch Top-Manager ... , umgeben sich mit Menschen, mit denen keine Reibungen auftreten, die im wesentlichen ihre Meinungen und Auffassungen teilen. Konträre Meinungen bringen Reibung, Reibung macht langsam, in mancher Interpretation ineffektiv, und das kann sich ein Manager natürlich nicht leisten.
Dass das zu kurz gegriffen ist, darauf können sie nicht kommen, denn sind sind oft schon in ähnlichen Strukturen oder mit ähnliche Verhaltensweisen aufgestiegen und umgeben sich ja mit den entsprechenden Beratern.

Auch ich teile Geschäftspartnerm und anderen Menschen im Zweifel immer mal mit, dass sie sich überlegen mögen, ob sie das, was sie gerade anstellen, denn auch noch toll fänden, wenn es all ihre Nachbarn und Bekannten ebenfalls täten oder wüssten und sie selbst im Zweifel die negativen Folgen zu tragen häten. Das staunende Stutzen ist mir dann Indiz, dass eine Perspektive jenseits des "Ich" schon lange nicht mehr gedacht wurde.

Ein Beispiel, im Text schon kurz erwähnt: Die obligatorische Forderung nach Steuersenkungen. Dann schaun wir doch mal: Das machen jetzt alle. Dann geht es an Schulen, Feuerwehr, Polizei, Notarztversorgung, Straßenbau, Straßenbeleuchtung, Lebensmittelüberwachung und was der tagtäglichen staatlichen Leistungen mehr sind, die wir alle doch recht angenehm und sinnvoll finden ...

Anonym hat gesagt…

Lieber Herr Thönneßen,

wir - Sie und ich - teilen die Erfahrung der Beratung durch einen guten Steuerberater, der an unserer Seite steht.

Mein Steuerberater vertritt ebenfalls die Ansicht: Wenn Du Steuern zahlen musst, hast Du auch Geld verdient. Diese Haltung ist sympathisch, verantwortungsvoll, und: ehrlich! Mehr als das, und den Wunsch, dass das möglichst viele Andere auch so sehen mögen, kann man eigentlich zu solchen Vorfällen nicht hinzufügen.

Beste Grüße

Matthias Siebert